Bedenkliche Begegnung (German Edition) by Hans Hellmut Kirst

Autor:Hans Hellmut Kirst [Kirst, Hans Hellmut]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Auris Kommunikations- und verlagsgesellschaft mbH
veröffentlicht: 2015-07-29T16:00:00+00:00

Zumal dabei Bernhard, der Sohn, nicht zählte - vorerst nicht, und wohl noch sehr lange Zeit nicht.

Doch eben diese bisher für absolut sicher gehaltene Konzeption drohte nun schwer gefährdet zu erscheinen. »Dessen Unberechenbarkeiten«, gestand er widerwillig ein, »erscheinen auch mir als reichlich gefährlich. Ich empfinde ein gewisses Mißtrauen, das drängt sich mir immer beharrlicher auf.«

»Mit welchen realen, möglicherweise verwertbaren Erkenntnissen, Heinrich?«

»Mehreren, ziemlich verwirrenden, nicht gleich durchschaubaren. Er versucht da offenbar, was mich äußerst irritiert, eigenwillig vorzugehen. So etwa hat es den Anschein, daß er mich nicht bei seinem durchaus vielversprechenden Seehausenprojekt ganz direkt zu beteiligen gedenkt. Wobei es um Milliarden geht! Doch er läßt sich, selbst dabei noch, auf höchst banal anmutende Vorgänge ein.«

»Tatsächlich, Heinrich - irgend etwas Banales also, und das ausgerechnet in Thomas' Bereichen? Daß dich so was zu beunruhigen vermag, kann ich verstehen.«

»Irgendwie«, bekannte Horcher nun wie persönlich von dieser Erkenntnis überaus unangenehm überrascht, »fühle ich mich reichlich verunsichert - wie man heutzutage so sagt. An sich waren ja derartige Rätselspiele bei dem niemals irgend etwas Besonderes; so was hat der immer schon, fast methodisch, zu praktizieren versucht. Seine Vorliebe für geplante Verwirrungen ist bekannt. Mithin also auch nicht eindeutig erkennbar, worauf der sich zur Zeit wirklich konzentriert - ob nun auf unser Milliardenprojekt oder etwa gar auf die Errichtung eines Kindergartens auf unserem Fabrikgelände.«

»Sagtest du: Kindergarten?« fragte Brigitte ungläubig»Das allerdings hört sich reichlich seltsam an. Was, glaubst du, gedenkt der damit zu bezwecken? Will er den Wohltäter spielen? Oder sollte er damit ein ganz besonderes Ziel verfolgen? Aber - welches?«

»Da - bin ich überfragt«, gestand ihr Heinrich Horcher stärkungswillig ein. Seine forschenden Blicke galten nun wieder seinem Frühstück. Davon schaufelte er sich eine erneute Portion auf seinen Teller.

»Doch so unberechenbar der sich auch zu geben versucht - wir werden ihn schon noch durchschauen! Und dann entsprechend handeln, versichere ich dir.«

In Seehausen, beim dortigen Stadtoberhaupt, Bürgermeister Dresch, fand sich Paul Palmers ein. Er war dazu höflich aufgefordert worden und erschien auch bereitwillig. Dennoch mutete er dunkel, grollend, nahezu breit bedrohlich an.

So rief er dann auch reichlich lautstark aus: »Was wollen Sie denn von mir? Schließlich bin ich keiner Ihrer Politkretins, über die Sie nach Belieben verfügen können, Herr!«

»So, Herr Palmers, habe ich Sie auch niemals eingeschätzt.« Bürgermeister Dresch versicherte das mit praller Täuschungsbereitschaft; gleich einem gigantischen Schwamm schien er auch diesen Besucher in sich aufsaugen zu wollen. »Vielmehr habe ich in Ihnen stets einen aufrechten, berechtigt selbstbewußten Mann gesehen. Und wenn das auch einmal zu einem Mißverständnis zwischen uns geführt hat. . .«

»Womit wir beim Thema sind, Herr Bürgermeister. Ich bin empört!«

»Doch erst neulich, nach einer Unterredung mit mir, waren Sie das nicht mehr.«

»Weil Sie mich eingewickelt haben! Doch inzwischen habe ich nachgedacht. Und deshalb bin ich jetzt wieder empört. Glauben Sie denn, daß Sie mich bestechen, kaufen können?«

»Wie Sie das auch immer zu nennen belieben, Herr Palmers - jedenfalls war ich sicher, daß wir uns bereits Weitgehend einig geworden sind. Ich hatte Sie um Ihre konstruktive Mitarbeit gebeten, um Ihre tolerante Ver-

ständnisbereitschaft, um Ihre möglichst schweigende Zustimmung - im Interesse unseres Gemeinwesens; zu unser aller Vorteil, auch zu dem Ihren.

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